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Sonntag, 20. Oktober 2013

Bericht zum Streiktag im Einzelhandel in Berlin

Am 18.10.2013 hat der Einzelhandel im Rahmen der laufenden Tarifrunde auch in Berlin gestreikt. Eine Arbeiter berichtet über den Verlauf des Streiktags und ihre Eindrücke. 
 
Mit einer Kollegin im Gepäck gingen wir heute zum grossen Streiken zur Urania am Wittenbergplatz. Gegen 10 Uhr waren dort etwa 300 KollegInnen versammelt. Einige von ihnen hatten selbst angefertigte Schilder dabei. Einige Andere streiften über ihre Kleidung die typischen Ver.di Plastikroben und wieder Andere zogen Tshirts an, wo ein völlig neues Logo in Form eines Herzens mit Scherpe und "Ver.di für bessere Tarife" draufstand. Wir wurden nett begrüsst von Sabine Zimmermann, stellv. Landesfachbereichsleiterin Einzelhandel. Erschreckend fand ich sofort, das etwa nur 6 Betriebsräte von XY vor Ort waren und es auch nicht mehr wurden. Mit meiner Kolleginn im Gepäck stiess noch eine weitere Kollegin dazu und dabei ist es dann auch geblieben. Mehrere Kollegen vom Lager XY waren anwesend, aber ich weis nicht genau wie viele es waren. Insgesamt kamen wir auf etwa 20 KollegInnen.

Als gegen 10:30 h die kleine Gruppe Streikender auf fast die das Dreifache wuchs gab es eine kleine Ansprache einer verbündeten Gewerkschaft (leider nicht verstanden welche). Dann setzte sich der Zug der streikenden Menge in Bewegung. Eine Bonggruppe gab den Takt vor und lockerte das Geschehen etwas auf. Mehrmals hielt der Zug der Demonstranten auf dem Tauenzien und es wurden die Passanten darüber aufgeklärt warum wir Einzelhandelsfrauen und Männer jetzt vor Ort streikten. Immer wieder begleitet vom Trillerpfeiffenkonzert und Buhrufen begleitet. Schwerfällig zog der Demozug seine Runde bis zum Zoo und ging dann wieder bis zum Breitscheidplatz zurück. Dort trommelte die Bongogruppe ihr Repatuar herrunter und es gab wieder eine kleine Ansprache. Es sprach Frau Zinke vom DGB über die misslichen Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen einer Verkäuferin und sprach ganz gezielt die vielen Touristen an, die Bilder machten und dem Spektakel versuchten zu entlocken, warum es Menschen in Berlin gibt, die am hellerlichten Tage streikten, wo sie ja eigendlich an ihrem Arbeitsplat sein sollten.

Dann sprach auch Erika Ritter, Landesfachsbereichsleiterin Einzelhandel und zählte noch mal alle Fakten der derzeitigen Tarifauseinandersetzung auf. Die rote Karte wurde dem Arbeitgeber zugedacht begleitet vom Trillerpfeiffenkonzert und Buhrufen. Warum der Einzelhandel streikt steht hier

Ver.di fordert alles so belassen wie bisher und fordert stattdessen 1 Euro mehr die Stunde für Jeden!
Auch das wude mit Trillerpfeiffenkonzert und Buhrufen begleitet. Dann kam nochmals die Bongogruppe zum Einsatz. Jeder/e Streikender/e konnte sich noch Kaffee oder etwas zu Essen holen und dann wurden die Streiklisten verteilt und die Anträge für das Streikgeld. Kurz wurde informiert, das für die nächsten Demos bzw. Streiktage alle Anwesenden nur noch per SMS informiert werden. Das Motto wurde wieder ins Leben gerufen. "Wir stehen Weihnachten vor der Tür". Wir werden sehen und sind sehr skeptisch, denn in der Tarifauseinandersetzung 2007-2008 hat das schon mal so geklungen und wurde nicht umgesetzt. Danach löste sich relativ schnell das Geschehen auf. Mir fehlte auch diesmal wieder eine energische Ordnungsgruppe, die den laufenden Zug zusammenhielt und Flyer für die Passanten zum Verteilen, um ihnen was schriftliches in die Hand zu geben, warum streikt der Einzelhandel.

Veranstaltung zur Unterstützung der Streikenden

Vorbereitungsveranstaltung am 21.10.2013 in der Humboldt Uni für den geplanten Aktionstag im November. 
 
Am Montag, den 21.10.13 gibt es eine Veranstaltung in der Humboldt Universität, Hegelbau, Dorotheenstraße 24, R. 1.405 (5. Stock) 18:00 Uhr zusammen mit der Blockupy-Platform Berlin und verdi, wo wir einen "einen Aktionsvorschlag diskutieren wollen, der in Kooperation von Belegschaft, Gewerkschaft und Unterstützer*innen entwickelt worden ist: Im November soll es in einigen Filialen des Berliner Einzelhandels eine konzertierte Ansprech-Aktion, einen sogenannten „Blitz“ geben, bei dem nicht gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte an ihrem Arbeitsplatz angesprochen werden, um sie für die Tarifauseinandersetzung zu sensibilisiert und für die nächsten Streik-Aktionen zu mobilisieren."

Weitere Infos stehen im Einladungsflyer

Einladungsflyer - Vorbereitung Aktionstag November 
 
Einladungstext zur Veranstaltung am 21.10.2013 in der Humboldt-Uni Berlin zur Unterstützung des geplanten Aktionstags im Einzelhandelsstreik. 
 
Die Arbeitgeber im Einzelhandel haben in einer konzertierten Aktion bundesweit die sogenannten Mateltarifverträge gekündigt und versuchen dadurch die Arbeitsbedingungen der ca. 3 Millionen Beschäftigen massiv zu verschlechtern. Eine Welle weiterer Flexibilisierung und Prekarisierung wäre die Folge, falls sich die Arbeitergeberseite durchsetzen kann.

Bereits jetzt sind die Arbeitsverhältnisse in dem Bereich alles andere als gut. 2012 mussten 1,5 Milliarden Euro HartzIV-Aufstockerleistung an Menschen gezahlt werden, die von ihrem Lohn als Verkäufer_innen nicht leben können. Dauerbefristungen, Knebelverträge mit wenigen garantierten Mindestarbeitsstunden sind schon heute Alltag im Handel, wovon überdurchschnittlich viele Frauen betroffen sind, die den Großteil der Beschäftigten ausmachen.
Seit Frühjahr 2013 wehren sich die Beschäftigten gegen die Angriffe der Arbeitgeber. So gab es bislang diverse Streiktage, Kundgebungen und auch einige Flashmobs. Allerdings sind im Durchschnitt nur wenige Beschäftigte gewerkschaftlich organisiert und bei Streik-Aktionen hat die rbeitgeberseite oft keine großen Probleme, kurzfristig flexibilisierte Arbeitskräfte als Ersatz einzusetzen.

Am 21. Oktober wollen wir über die aktuelle Situation des Arbeitskampfs im Einzelhandel informieren und darüber hinaus Handlungsperspektiven aufzeigen. Wir wollen einen Aktionsvorschlag diskutieren, der in Kooperation von Belegschaft, Gewerkschaft und Unterstützer*innen entwickelt worden ist: Im November soll es in einigen Filialen des Berliner Einzelhandels eine konzertierte Ansprech-Aktion, einen sogenannten „Blitz“ geben, bei dem nicht gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte an ihrem Arbeitsplatz angesprochen werden, um sie für die Tarifauseinandersetzung zu sensibilisiert und für die nächsten Streik-Aktionen zu mobilisieren. Zu einer solchen Aktion gehört vorbereitend ein Workshop, der auf die Gespräche mit den Beschäftigten vorbereitet.
Für Unterstützer*innen bietet eine solche Aktion ein Möglichkeit, sich in Kooperation mit organisierten Beschäftigten einzubringen.

Wir diskutieren mit: Carla Dietrich (Ver.di Handel), Jan Richter (Betriebsratsvorsitzender einer H&M Filiale) Petra Jentzsch (IG-Metal) Unterstützer_in N.N.

Warum wird im Einzelhandel gestreikt?

In der Tarifrunde 2013 prallen die Gegensätze aufeinander. Während ver.di für die Beschäftigten eine lineare Erhöhung des Stundenlohns um 1 Euro fordert, wollen die Arbeitgeber eine massive Lohnabsenkung durchsetzen und versuchen sogar den wohlmöglich bald kommenden Mindestlohn von 8,50 Euro zu unterschreiten. 
 
Die Situation im Einzelhandel

Die Arbeitgeber haben im Januar 2013 alle Tarif- und Manteltarifverträge gekündigt und die Gewerkschaft forderte den Mindestlohn von 8,50 €. Wir als Gewerkschafter wurden darüber auch informiert, aber die Gewerkschaft dümpelte wieder, wie so oft, mit allem nur rum. Der neue Manteltarifvertrag wurde zum 30.04.2013 und der Endgeldtarifvertrag zum 30.06.2013 gekündigt. Unsere Arbeitsbedingungen sind in der jetzigen Tarifauseinandersetzung sehr hart umstritten.

Was heisst das jetzt für uns. Der Faktor Arbeit soll per Tarif an einigen Stellen erheblich biliger gemacht werden.
Das will der Arbeitgeber unbedingt durchsetzen:
  1. Er möchte, dass die Kolleginnen, die mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit Ware verräumen zukünftig nur noch 8,50€ im Westen und 8.24 € im Osten je Stunde verdienen, d.h. Vollzeitbeschäftigte(160 h im Monat) haben dann nur noch ein Brutto von 1360,00 € und die 80 Stundenkraft hätte nur noch 680,00 €.
  2. Zuschläge für die Verräumenden und auch alle anderen KollegInnen soll es nicht mehr geben.
  3. KassiererInnen will der Arbeitgeber die 4 % Kassenzulage zukünftig nicht mehr zahlen.
  4. Die Arbeitszeitregelung soll noch flexibler werden, sprich du musst immer abrufbereit sein und hast keine planbare Freizeit mehr,sprich kürzere Ankündigungsfristen für Einsatzzeiten.
  5. Kein gleiches Urlaubsgeld in Ost und West, dass heisst der Kollege im Osten soll auch weiterhin auf 377, 00 € im Monat verzichten.
  6. Angebot des Arbeitgebers für eine Lohnerhöhung: 3 Monate 2,5 % , aber nur wenn wir auf die vorhergehenden Verschlechterungsvorstellungen eingehen.
Ver.di fordert alles so belassen wie bisher und fordert stattdessen 1 Euro mehr die Stunde für Jeden!
Aktuelle Berichte zu Streiks und Aktionen finden sich im Blog der Berliner Einzelhandelsbeschäftigten

netzwerkit.de

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